Freitag, 27. November 2009

Verkehr

Wer nach Lagos kommt, sollte mit viel Verkehr rechnen. Viel Verkehr, aber kein Chaos, denn alles funktioniert – irgendwie. Hier auf dem Festland wird man kaum Ampeln, kaum Verkehrszeichen, kaum Zebrastreifen und kaum jemanden finden, der sich an Verkehrsregeln hält. Hier fahren erstmal alle in eine Kreuzung rein, bevor sich geeinigt wird, wer zuerst fährt. Alles nach dem Prinzip: „Der Stärkere gewinnt“. Dazu muss aber gesagt werden, dass es hier wenige Kreuzungen gibt, aber viele Kreisverkehre. Auf VI (Victoria Island) und Teilen von Lagos Island findet man dagegen geordneten Verkehr mit Ampeln, Verkehrszeichen und –regeln. Aber da ich nicht oft dort bin, bekomme ich davon wenig mit. Hier gibt es viel Stau, aber irgendwie kommt man immer durch. Die Fahrer (vor allem Taxi- und Busfahrer) sind Meister im Abkürzungen finden. Aber man muss selber hier gewesen sein, um das System hier zu verstehen.
Als öffentliche Verkehrsmittel dienen hier:

Die Lagbusse, die ziemlich europäisch eine bestimmte Linie mit Bushaltestellen entlangfahren, aber keine genauen Zeitpläne haben.

„Yellow Busses“, Kleintransporter, die aus Europa stammen und oft Aufschriften wie „Blumen- und Geschenkeparadies“ oder „Bäckerei Mueller“ haben. Sie fahren eine bestimmte Linie entlang, an der aber nur selten Bushaltestellen zu sehen ist und ausgestiegen werden kann so ziemlich ueberall. Das Geld wird häufig vom Fahrer oder einem Komplizen eingesammelt und beläuft sich bei kleineren Fahrten auf 10-50 Naira (5-25 Cent).
Sie fahren auch längere Strecken in weiter entfernte Dörfer und Städte, wobei man aber als Fahrgast damit rechnen muss, mit einer lebenden Ziege im Kofferraum zu fahren, die deinen Rucksack mit Kot bedecken kann.

Schneller, aber auch teurer, sind die Keke Napep – kleine, offene Fahrzeuge aus Indien mit drei Rädern – die sich neben den stehenden Autos hindurchschlängeln können. Sie funktionieren ähnlich wie die „Yellow Busses“, können drei Personen hinten und einen neben dem Fahrer auf der Fahrerbank transportieren, fahren aber auch gegen Aufpreis gerne mal andere Routen.

Taxen sind teurer, aber mit einem Preis von 4 Euro fuer eine Stunde Fahrt immernoch erheblich billiger als deutsche Taxen.

Schneller als Taxen, aber nur fuer kleine Strecken gedacht, sind die Okadas. Motorräder, auf denen bis zu zwei Personen hinter dem Fahrer Platz nehmen können. Die Fahrt mit einem Okada ist schnell, aber auch lebensgefährlich, da die Fahrer sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit zwischen Autos hindurchschlängeln und scharfe Kurven nehmen.

Die Straßen überquert man hier auch bei vollem Verkehr, man muss nur den richtigen Weg durch die Autos, Motorräder und Kekes finden. Somit ist und bleibt Lagos ein Abenteuer.

Essen I: Gerichte

Nach zwei Monaten kann ich leider schon sagen, dass ich fast alle hier üblichen Gerichte schon probiert habe; denn die Essensvielfalt hällt sich eher in Grenzen. An das Essen habe ich mich schon gewöhnt und manche Gerichte esse ich so gern, dass ich versuchen werde, sie auch in Deutschland zu kochen. Reis dagegen kann ich inzwischen nicht mehr sehen, weil es ihn zu oft gibt und weil er in meinem Projekt immer gleich zubereitet wird. Dabei war ich am Anfang, immer froh, Reis zu essen, weil es etwas bekanntes war, an das ich mich nicht noch gewöhnen musste. Gekocht wird mit wenig Gewuerzen, aber viel Pepe (ähnlich wie Chilli). Das heißt, wir mussten uns am Anfang schnell an die Schärfe gewöhnen. Als uebliche Zutaten sind auf dem Markt Tomaten, Pepe, Fisch, alle möglichen Teile von Kuehen und Huehnern, Eier, Instant-Nudeln und selten Kohl, Gurken und Möhren erhältlich.
Zur Uebersicht werde ich jetzt mal die hier ueblichen Gerichte vorstellen.

Reis wird hier als „White Rice“ mit Stew (dazu später mehr), „Jolof Rice“ (rot angebraten mit wenig Gemuese und viel Pepe) „Fried Rice“ (weißer gebratener Reis) serviert.

Nudeln gibt es hier ueberwiegend in zwei verschiedenen Variationen: „Indomie“ (Instant-Nudeln, die nach der meistverkauften Marke benannt sind) oder Spaghetti, die mit Stew gegessen werden.

Sehr häufig werden hier auch verschiedene Arten von Brei mit verschiedenen Soßen gegessen. Der feste Brei wird mit der Hand gegessen und in die Soße getunkt. Gegessen wird aber nur mit der rechten Hand, weil die linke als dreckig gilt.
Es gibt Semovita (aus Grieß), weißes und schwarzes Amala (aus ?), pounded Yam (aus Yam), Fufu (aus Cassava und Plantain), Eba (aus Cassava) und Wheat (aus Weizen).
Als Soße wird oft Stew (eine scharfe Soße aus Tomaten, Zwiebeln, Pepe und Salz in der Fleisch oder Fisch mitgegart wird) mit Okra vermischt, eine gruenliche Soße, die das Stew schleimig macht und neutralisiert.
Es gibt aber auch einige andere Soßen, die ich hier nicht alle aufzählen werde.

Yam ist ein großes Wurzelgemuese, was wie Kartoffeln schmeckt. Es wird entweder gekocht, fritiert oder zu Yam Porridge zerstampft. Kartoffeln gibt es hier auch, aber selten und sie schmecken sueßer, als unsere.

Plantain nennen sich hier die Kochbananen, die frittiert zum Reis serviert oder gegrillt gegessen werden.

Bohnen (Black-eyed-peas) werden hier gekocht zum Reis serviert oder mit Gari (getrocknetes Cassava-Mehl) oder Brot gegessen.

Moin-Moin ist eine Eierspeise, die mit Fisch oder einem ganzen Ei im Inneren in einer Form gegart wird. Dazu wird häufig eine ähnlich geformte weiße Masse aus Maismehl gereicht.

Zum Fruehstueck gibt es manchmal Pape, was mich persönlich nach Kleister aussieht und genauso schmeckt. Es wird mit Milch und Zucker gegessen. Ähnlich sieht Costard aus, der aber eher an Pudding erinnert. Es gibt ihn in verschiedenen Geschmacksrichtungen und er wird auch mit Milch gegessen.

Dies ist das Essen, mit dem ich in Lagos in Kontakt gekommen bin. Es mag noch mehr Gerichte geben, aber zusammen mit den anderen Freiwilligen bin ich auf den Schluß gekommen, dass es wenig verschiedene Gerichte gibt. Ich hoffe, ich habe nichts falsch dargestellt, alles habe ich aus Informationen von Nigerianern und anderen Freiwilligen zusammengetragen.

Montag, 2. November 2009

Das Goethe-Institut und die deutsche Kultur

Ein Stückchen deutscher Kultur kann man auf Victoria Island (dem bessergestellten Viertel der Stadt) erleben. Dort steht das Goethe-Institut von Lagos, in dem man Deutsch lernen, deutsche Bücher ausleihen und deutsche Kulturevents erleben kann. Aber nicht nur unter Liebhabern der deutschen Kultur ist es als Kulturzentrum bekannt. Bisher war ich dort zweimal:
Das erste Mal war ich mit ein paar Freiwilligen auf einer Versammlung ehemaliger nigeranischer Studenten, die in Deutschland studiert haben. Es wurde viel über die Erfahrungen in Deutschland diskutiert und ein Dokumentarfilm über München wurde gezeigt.
Das zweite Mal trat die deutsche Raggae-Band „Jahcoustics“ mit ein paar lokalen Raggae-Kuenstlern auf. Die Stimmung war super und die säuberlich aufgereihten Stühle gerieten nach ein paar Minuten in Vergessenheit.
Deutsche Kultur wird aber auch in Apapa ausgelebt. In diesem Teil von Lagos gibt es eine deutsche Schule und eine deutsche Kirche und viele Deutsche sollen dort leben. Dorther kam auch ein älterer Nigerianer, der uns auf Deutsch ansprach, weil er ein paar Jahre in Deutschland studiert hat. Schon ein paar Mal ist uns das passiert, dass Nigerianer uns auf Deutsch ansprechen, weil sie entweder schon einmal in Deutschland waren oder weil sie die Sprache nur so gelernt haben.
Deutsche und allgemein Oyinbos trifft man auf dem Festland allerdings eher selten. Auf den Islands (Lagos Island und Victoria Island) gibt es aber schon mehr, die allerdings entweder Botschafter, Bohrexperte bei einem multinationalen Ölkonzern oder Verkehrsbauingenieur bei Julius Berger sind...

Mummy-Mummy und die "Big Boys"

Unsere Direktorin oder auch „Mummy-Mummy“ genannt, ist, wie wir nach kurzer Zeit feststellen konnten, ein ziemlich hohes Tier. Sie fährt einen dicken Ford Escort mit Schlangenlederlenkrad, trägt teure Stoffe und benutzt europäische Parfums. Sie lebte 22 Jahre in Großbrittanien, ihr Sohn lebt in Dubai und sie reist ein paar Mal im Jahr nach Europa.
Das alles zusammen heißt, sie hat’s geschafft!
Der Traum vieler Nigerianer ist es, ein „Big Boy“ zu werden, Geld zu haben, alt und respektiert zu werden. Vor diesen „Big Boys“, was die meisten Chefs der Freiwilligen-Projekte schon sind, haben alle mächtig Respekt und jeder sollte sich vor ihnen verbeugen.
Allgemein wird Alter hier mehr respektiert, was aber leider heißt, dass die Jugend wenig respektiert wird. Ältere Menschen werden mit Ma oder Sa (Madam/Sir) angesprochen, die Männer müssen sich bis zum Boden vor ihnen verbeugen und die Frauen machen einen Knicks, man sollte ihnen gehorchen und ihnen Sachen zum tragen abnehmen. Selbst ältere Geschwister darf man nur mit Sister oder Brother ... ansprechen und sie haben das Recht, ihre jüngeren Geschwister zu schlagen.
Mummy-Mummy bekommt aber nicht nur durch ihr Alter und ihren Reichtum Respekt, sondern auch dadurch, dass sie ihr Leben dem wohltätigen Zweck hingegeben und das Hospiz auf die Beine gestellt hat.

Der alte Bahnhof und Lagos' ruhige Seiten

Was ich hier ein wenig vermisse, ( neben dem Käse ) sind ruhige Ecken in Lagos. Man findet hier weder Parks, in die man sich zurueckziehen kann, noch ein gemuetliches Cafe, in dem man sich ruhig unterhalten kann. Selbst normale Parkbänke habe ich hier auf dem Festland noch nicht gesehen. Gruen findet man hier generell wenig und in den Bars oder Cafes tönt entweder wahnsinnig laut der Generator, oder Fußballspiele werden in der Endlosschleife im Fernsehen gezeigt, was das ruhige Gespräch auch erschwert. Allerdings haben wir den Geheimtipp bekommen, im alten Bahnhofsgelände herumzustöbern. Wir gingen durch ein verkettetes Tor des großen Bahnhofshauses, das noch an die Kolonialzeit erinnert, auf den Bahnsteig und sahen einen Dschungel aus verwucherten Waggons und Gleisen. Das Gras wächst zum Teil meterhoch, die Gleise sind kaum noch zu erkennen und die recht neuen Waggons stehen verlassen und ruhig in der Gegend rum. Erstaunlich fuer Lagos war, dass von Generatoren, Menschenmassen oder Fahrzeugen fast nichts mehr zu hören war, obwohl der impulsive Yabamarkt nicht weit entfernt ist. In dieser Ruhe erkundeten wir das Innenleben der Waggons, die Teilweise ihres Holzes beraubt wurden. Man fuehlt sich wie im Freilichtmuseum, obwohl die Waggons teilweise am Ende der Neunziger Jahre noch erneuert wurden. Im Inneren setzten wir uns auf die uebrig gebliebenen Bänke, genossen die Stille, fuehlten uns, als wären wir weit außerhalb von Lagos und aßen fritierten Yam, Akara und Fruechte. Später erfuhren wir, dass der Bahnhof aufgegeben wurde, weil viele Politiker Speditionsfirmen besitzen, denen der Gueterverkehr Konkurrenz machen könnte, weswegen kein neues Geld mehr in den Bahnhof fließt. Allerdings gibt es noch Personenverkehr von einem neueren Bahnhof aus und der Zug, der ca. einmal pro Tag fährt, soll noch ueber ein Gleis am alten Bahnhof fahren. Mit diesem Zug kann man in den Norden nach Kano fahren, was mich schon sehr interessieren wuerde.

Kirche

Religion ist neben Fussball und Entertainment eine der drei Leidenschaften (laut Miss Funke, eine der Semi-Chefs). Seitdem ich hier in einer Kirche war, kann ich aber sagen, dass die dritte Leidenschaft „Entertainment“ alle Leidenschaften zusammenfasst, denn der Gottesdienst erinnerte mich stark an ein Rockkonzert. Nicht nur, weil die ueberdrehte Soundanlage den recht kleinen Raum mit der Musik einer Band, die aus ca. vier Sängern, einem Schlagzeuger, einem E-Gitarristen und einem Key-Board-Spieler besteht, zudröhnt, sondern auch, weil die Predigt, die Parolen des Priesters und das Tanzen und die Antwortwortgesänge der Gemeinde stark an den Dialog zwischen Fans und Musikstars auf einem Konzert erinnert. Die Gemeinde tanzt zu jedem Lied, manche wie in Extase und manche schreien begeistert Gebete dazu. Während unseres ersten Gottesdienstes trat sogar eine Hip-Hop-Tanzgruppe auf. Zwischendurch wird es aber auch mal ruhiger und fuer uns „normalere“ Kirchenlieder werden gesungen und von einer elektrischen Orgel begleitet. Die Predigt wird mit Bibelstellen belegt, die von Gemeindemitgliedern vorgelesen werden. Somit hat jeder eine Bibel dabei und nach dem Gottesdienst wird in kleineren Gruppen „Sunday School“ praktiziert, in der zusammen Bibelstellen analysiert werden, was ich ganz sinnvoll fand. Bibel ist hier aber nicht gleich Bibel, denn so unterschiedlich wie die verschiedenen und unzähligen Konfessionen, sind auch die Bibeln. Wir waren mit der Direktorin in der „Eagle’s Heights Church“, die nur eine von vielen evangelikalen und protestantischen Kirchen ist, die neben der katholischen Kirche und vielen Moscheen überall zu finden sind.
Religiös ist so ziemlich jeder und dass in Deutschland viele atheistisch sind, können nicht viele verstehen, denn sonntags zur Kirche oder freitags in die Moschee zu gehen ist hier selbstverständlich. Somit sind fast alle sonntags fein rausgeputzt, meistens in ihren „Natives“ – die traditionellen Kleidern.
Den Verwendungszweck der Kollekte bekommt man übrigens nicht zu hören, das Geld kommt zum größten Teil der Kirche zugute. Somit sind die Kirchen oft gut ausgestattet und die Priester nicht gerade arm.
Wie wichtig die Religion der Bevölkerung ist, merkt man daran, dass in vielen Situationen mit der Bibel argumentiert wird, selbst als Frauke und ich einem der Semi-Chefs Atheismustheorien vorgebracht haben, brachte er das Gegenargument, Glaube sei doch daher begründet, dass er in der Bibel gelehrt wird.

Dienstag, 22. September 2009

Yoruba II

Mein Yoruba wird inzwischen immer besser und langsam lerne ich auch, richtige Sätze zu bilden, denn in unserem Projekt haben wir den Vorteil, dass die Pflegerinnen überwiegend Yoruba sprechen und bereit sind, uns das auch beizubringen. Die Kinder sprechen nur Englisch und werden nur darin unterrichtet, verstehen aber das Yoruba der Pflegerinnen. In der Primary School haben die Kinder in Lagos aber auch Yoruba als Schulfach. Manche ältere Menschen sprechen hier nur Yoruba und in den Dörfern sollen die Menschen angeblich auch überwiegend Yoruba sprechen. Viele sprechen uns Oyinbos hier in Yoruba an und wiederholen ihre Fragen und Grüße auch öfters. Antwortet man ihnen dann auf Yoruba sind sie total überrascht und lachen. Insgesamt erntet man überall positive Stimmung, wenn man Yoruba mit den Menschen spricht.
Deprimierend beim Lernen ist aber, dass viele Wörter sich enorm ähnlich anhören, aber anders betont werden. Außerdem gibt es keine festen Regeln und jeder erzählt einem etwas anderes, weil die Sprache überhaupt nicht einheitlich gesprochen wird. Oft wird man wahrscheinlich wegen unserer Aussprache aber auch wegen der Unterschiede der Sprechweise nicht auf anhieb verstanden. Über die Bereitschaft, diese Sprache zu lernen, freuen sich aber alle.

Sommerschule

Von 9 bis 3 arbeite ich hier in der sogenannten Sommerschule, in der die Kinder vom Hospiz, die in eine normale Schule gehen, in den Sommerferien unterrichtet werden. Das sind sieben Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren. Angestellt sind hier eine Oberlehrerin, zwei Praktikantinnen und zwei Pflegerinnen vom Hospiz, die sauber machen und das Essen bringen. In den letzten beiden Wochen haben aber fast nur Frauke und ich unterrichtet. In der nächsten Woche werden die Kinder wieder in ihre normal Schule gehen und wir werden im neuen Haus voraussichtlich behinderte Kinder unterrichten.
Die Oberlehrerin, Antsie Bose, ist ziemlich brutal zu den Kindern, kann aber auch recht herzlich sein. Mit den Praktikantinnen verstehen wir uns sehr gut und in der resting time, in der die Kinder eine Stunde schlafen, unterrichten sie uns in Yoruba und wir bringen ihnen ein wenig Deutsch bei.
Die Kinder beginnen den Schultag mit beten und singen, danach werden sie unterrichtet und um eins gibt es einen Snack mit Keksen und Capri-Sonne, wonach sie sich in der resting time hinlegen. Um zwei gibt es dann Essen und danach sollten sie unterrichtet werden, aber wir spielen hauptsächlich mit ihnen. Alle Kinder sind im Moment total versessen auf die „Bubbles“, die ich aus Deutschland mitgebracht habe. Seifenblasen kommen hier also super an!

Schlaege

Nun werde ich mal ein weniger angenehmes, aber fuer Nigeria leider ziemlich uebliches Thema ansprechen: Die Schläge.
Sowohl im Hospiz als auch in der Schule (vor allem dort) werden die Kinder geschlagen, wenn sie sich nicht benehmen oder nach der Meinung der Lehrer oder Pflegerinnen etwas falsch machen. Aus europäischer Sicht schockt das auf den ersten Blick zwar, aber es hört sich schlimmer an, als man es hier wirklich miterlebt. Größtenteils kann ich nachvollziehen, dass die wenigen Pflegerinnen einigen sehr anstrengenden Kindern einen Klaps geben, um alle Kinder irgendwie unter Kontrolle zu bekommen. Insgesamt muss man aber sagen, dass sich alle Kinder und vor allem die Schulkinder viel zu sehr daran gewöhnt haben, geschlagen zu werden, wenn sie etwas falsch machen, sodass es fast unmöglich ist, den Kindern ohne Schläge zu vermitteln, dass etwas falsch oder man selber böse ist. Somit hatten wir in den ersten beiden Wochen ziemlich damit zu kämpfen, die Kinder ruhig zu halten, damit sie von den anderen Lehrern nicht geschlagen werden. Inzwischen haben wir aber alternative Strafen gefunden, die nicht mit Schmerz verbunden sind. Als Lehrer steht man hier aber enorm unter Druck, da die Kinder einem zum Teil auf der Nase rumtanzen, nicht zuhören und uns zum Teil schlagen, weil sie das lustig finden und weil die anderen Lehrer uns immer wieder dazu auffordern, die Kinder auch zu schlagen. Insgesamt bekommt man hier enormen Respekt vor allen Lehrern! Also, falls meine ehemaligen Lehrer das hier lesen, ich weiß jetzt, was das für ein Stress ist! J Zum Verhalten der Kinder muss man aber sagen, dass das Lernprogramm hier meiner Meinung nach nicht dem Alter entspricht. Die Kinder sind zwei bis sechs Jahre alt und sollen hier schon buchstabieren, zählen und müssen viel auswendig lernen, obwohl die Jüngsten noch nicht richtig sprechen können. Wir versuchen hier, das Lernen ein wenig lockerer zu gestalten und verbinden das Lernen von Tieren, Farben und Körperteilen immer mit Spielen, Tänzen und Liedern, was enorm anstrengend ist und viel Kreativität und Ideenreichtum fordert. Die Oberlehrerin ist ziemlich brutal und recht willkürlich im Verteilen der Schläge, aber es gibt auch andere Lehrerinnen, die extrem wenig schlagen. Im Hospiz ist es zum Teil noch schwieriger, weil die behinderten Kinder nicht verstehen, wenn sie etwas nicht machen sollen. Die machen aber nicht die größten Probleme, sondern eher die vielen Kinder, die mit mir spielen wollen, auf mich drauf hüpfen, an mir hochklettern und sonstwie versuchen, meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Vor allem, wenn man ein Baby auf dem Arm hat und sie anfangen, erst mich und dann auch noch das Baby zu schlagen. Wenn sie dann nicht von den Pflegerinnen geschlagen werden, verbreitet sich diese Angewohnheit recht schnell und jedes Kind möchte das auch mal ausprobieren. Dann muss ich laut werden und versuchen, das Baby in Sicherheit zu bringen. An sich sind die Kinder aber total nett und jeden morgen freue ich mich wieder auf sie. Eine Freiwillige, die schon länger hier in Lagos ist und auch in einer Schule arbeitet, hat mir von ihren Erfahrungen erzählt und meinte, dass man irgendwann schon seinen Weg ohne Schläge findet, was mich ziemlich motiviert hat. Allerdings werden die Kinder an ihrer Schule auch fast nie geschlagen.
Alles, was ich hier beschrieben habe, mag sich zwar fuer Europäer ziemlich schrecklich anhören, wird hier aber ganz anders aufgefasst. Man muss sich dann auch klarmachen, dass das Schlagen in Deutschland vor ein paar Jahrzehnten genauso üblich war. Verändern kann ich hier wenig, da das hier fest mit der Kultur verankert ist, aber ich versuche, meinem deutschen Denken und meiner deutschen Moral treu zu bleiben und damit den Leuten zu zeigen, dass es auch anders geht. Ich will hiermit Nigeria nicht runtermachen, dachte aber, dass es wichtig ist, auch diesen Aspekt meiner Beschreibung hinzuzufuegen. Kinder zu schlagen ist und bleibt schrecklich, aber jeder sollte sich klar machen, dass das eine Sache ist, die sich hier noch entwickeln muss und die in dieser Beschreibung und in vielen Erzählungen viel schlimmer herüberkommt, als sie wirklich praktiziert wird.

Gouverneur Fashola und das neue Hearts of Gold

Allgemein wird hier viel Schlechtes ueber die Politik des eigenen Landes gesagt.
„Die Regierung ist korrupt und macht die Reichen nur noch reicher.“ Aber von einem Politiker schwärmen sie alle: Babatunde Fashola, der Gouverneur von Lagos State. Er muss hier wirklich viel bewegt haben, denn viele reden in den höchsten Tönen von ihm. Auch die Freiwilligen, die schon ein halbes Jahr hier sind, erzählten, dass sich in den letzten Monaten viel durch ihn verändert habe. So gibt es hier auf dem Festland ganze Nächte lang Strom, viele neuen Straßen, den ein oder anderen Muelleimer und insgesamt ein besseres Muellsystem. Eine andere Tat von ihm erzählte uns die Direktorin des Hearts of Gold Hospice am ersten Tag: An seinem Geburtstag beschloss der Gouverneur, einige Weisenheime und andere soziale Einrichtungen zu besuchen. So kam er auch in das Hearts of Gold, schaute sich die Kinder und die Arbeit der Direktorin an. Nach diesem Besuch fragte er sie, ob sie finanzielle Unterstuetzung brauche und sie antwortete nur: Ich brauche kein Geld, nur eine neue Unterbringung fuer die Kinder. Er ging an dem Tag wieder nach Hause und einen Monat später wurde die Direktorin von ihm angerufen. Sie wuerden zusammen zum neuen Haus fahren. Sie verstand es nicht und als sie dort waren, schauten sie einen neuen, riesigen Gebäudekomplex an, von dem er sagte, dass es nun das neue Hearts of Gold sei. Sie sprang in die Luft vor Freude und das Kind, das am Geburtstag des Gouverneurs im Hospiz aufgenommen wurde, nannte sie Fashola. Frauke und ich fuhren nach dieser Geschichte mit ihr zu diesem Haus und konnten es kaum fassen! Es ist riesig und entspricht in der ganzen Bauweise fast europäischen Maßstäben. Die Kinder werden große Schlafsäle, funktionierende Sanitäranlagen, auf dem Dach einen großen und sicheren Spielhof haben. Außerdem enthält das Haus zwei Schulräume, eine Kueche, einen Essensraum, eine Wäscherei, einen Personalraum, einen Besucherraum, die komplette Wohnung fuer die Direktorin und Zimmer fuer ein paar Mitarbeiter, also fuer uns. Wir haben uns riesig gefreut, als wir die eigenen Zimmer gesehen haben. Wir werden wirklich eigene Zimmer haben, in denen wir uns ausbreiten können! Und „Mummy“ erzählte uns außerdem stolz, dass vor den Toiletten und Duschen extra ein Schild fuer Frauen und Männer angebracht wurde, weil ich der einzige Mann unter den Mitarbeitern bin. Das ist auch der Grund, warum ich zuerst von den Kindern „Antsie“ (auntie – Tante) genannt wurde, denn sie nennen ihre Lehrerinnen und Pflegerinnen so. Inzwischen konnte ich ihnen aber beibringen, mich Uncle Bayo zu nennen! Vorraussichtlich werden wir nächste Woche, wenn das Haus komplett fertiggestellt und eingerichtet ist, dorthin umziehen.

Donnerstag, 17. September 2009

Hearts of Gold Children's Hospice

Das Projekt unterscheidet sich ziemlich von meinen Erwartungen, denn ein Hospiz, wie das Wort in Deutschland gebraucht wird, ist diese Einrichtung nicht. Die Direktorin hat dieses Projekt ins Leben gerufen, um ausgesetzte Kinder aufzunehmen. Sie bezeichnet sich selbst als Mummy all dieser Kinder, hat ihnen Namen gegeben und bot uns beiden auch an, sie Mummy zu nennen. Die Kinder werden größtenteils wegen ihrer Behinderungen ausgesetzt und von der Polizei auf der Straße gefunden. Wenn sie hier ankommen, sind sie meist erst wenige Tage auf der Welt. Hin und wieder wird eines der Kinder adoptiert. In der Projektbeschreibung stand, dass die Kinder 3 bis 10 Jahre alt sind – in der Realität sind aber auch viele Babys dabei und der älteste ist zwar 10 Jahre alt, doch durch seine geistige Behinderung kann man keine Aktivitäten fuer 10-Jährige mit ihm machen.
Fuer die ersten zwei Wochen arbeiten wir von 9 bis 3 Uhr in der Sommerschule, die die sieben nicht behinderten Kinder im Schulalter während der Sommerferien bei Laune halten soll. Unser Arbeitstag geht aber von 8 bis 5 Uhr, sodass wir in der restlichen Zeit den Pflegerinnen bei der Beschäftigung der anderen Kinder helfen. Viele Aufgaben werden uns dort noch nicht zugeteilt, aber man fuehlt sich schon dadurch gebraucht, dass alle Kinder um Zuwendung flehen. So macht es auch ziemlich viel Spaß, diese Kinder zu beschäftigen und allesamt sind mir in der kurzen Zeit schon ans Herz gewachsen.
Die Kinder werden hier gut versorgt, auch wenn der Umgang mit ihnen auf den ersten Blick sehr barsch erscheint, vor allem weil sie oft geschlagen werden. Auf den zweiten Blick sieht man aber, dass jede der Pflegerinnen ein großes Herz fuer alle Kinder hat.

Lagos beginnt...

Am ersten Sonntag nach der Ankunft kamen wir nach einer Woche On-Arrival-Camp in unsere Projekte. Wir fuhren mit einem Minibus nach Lagos und Frauke (eine der Freiwilligen mit der ich zusammen im Projekt bin) und ich wurden in Surulere rausgelassen. Wir verabschiedeten uns kurz und kamen dann in eine ganz neue Welt!
In dem schmalen Bau, der aus einem schmalen Aufenthaltsraum fuer die Kinder, zwei noch kleineren Schlafräumen, einem Lager und einem Buero besteht, erwarteten uns 42 Kinder, davon ungefähr die Hälfte körperlich behindert, die uns alle mit großen Augen anschauten und ein paar Pflegerinnen, die uns ziemlich kalt erschienen. Uns wurde gesagt, dass wir auf die Direktorin warten sollten, die noch in der Kirche sei und dass wir die Kinder begrueßen duerfen. Wir gingen zu den Kindern und auf einmal waren wir umringt von allen, die an unseren Fueßen hingen sich an uns hoch zogen, auf unsere Arme wollten und uns in irgendeiner Weise zu beruehren versuchten. Mit der Situation waren wir vollkommen ueberfordert, denn keiner sagte uns, was wir tun sollten, die Kinder traten gegenseitig aufeinander rum und vor allem um die kleinen, einjährigen und zerbrechlich duenn wirkenden Kleinkinder und um die körperlich behinderten, die sich kaum bewegen konnten oder blind sind, hatte ich Angst. Außerdem erschien uns der Raum fuer so viele Kinder viel zu klein und wir selber hatten Angst durch die Wucht der Kinder umzufallen oder andere Kinder zu zertreten. Nach einer Weile kam dann die Direktorin, eine ältere Dame, die ziemlich gutherzig ist und hier als totale Respektperson gilt. Sie fuehrte uns in ihr Buero und aß mit uns. Sie schien ziemlich offen und vertraut mit Europa zu sein. Sie fragte uns, ob wir alles essen könnten, ob wir Vegetarier wären, wielange wir am Tag arbeiten wollen und wies uns in die Abläufe hier ein. Wir sollten fuer die erste Woche in einem Hotel gegenueber wohnen, bis sie aus Dubai wieder zurueckkommt, wo sie drei der Kinder operieren lässt. Danach zieht das ganze Hospiz in ein anderes Haus um, wo wir auch leben werden.

On-Arrival-Camp II

Schon nach kurzer Zeit fuehlten wir uns in unserem Hotel wie in einem goldenen Käfig gehalten, denn wir waren zwar schon in Nigeria, aber dadurch, dass wir nicht aus dem Hotel rausgehen sollten, konnten wir das richtige Leben noch nicht wirklich miterleben. Somit kam uns der erste Gang durch die Stadt ganz recht, um erste Eindruecke zu sammeln, von denen ich in den letzten Einträgen schon berichtete.
Am vierten Tag hatten wir dann unsere Exkursion zum Sklavenmuseum und den Nachmittag verbrachten wir dann am Strand. Von diesem Strand war ich ziemlich begeistert, denn soetwas hatte ich von Nigeria wirklich nicht erwartet. Er kam mit seinen Kokospalmen, dem weißen Sand und den hohen Wellen einem Traumstrand in der Karibik schon recht nahe. Wir besetzten einen mit Stroh ueberdachten Pavillion, aßen erst das mitgebrachte Essen und einige Fruechte, spielten Karten und gingen dann schwimmen. Durch die wirklich hohen Wellen wurde das zu einem richtigen Abenteuer. Was uns auch ungewöhnlich vorkam, war, dass wir trotz vieler Besucher die einzigen blieben, die schwammen. Das lag – wie wir später erfuhren – daran, dass wenige hier schwimmen können zumindest nicht so, dass sie sich in die Wellen hier trauen wuerden. Somit wurden die paar Oyinbos, die sich mutig in die Wellen trauten, zu einer richtigen Attraktion. Als ich später noch einmal alleine schwimmen ging, traute sich einer aus der Menge, mich anzusprechen. Ich redete ganz kurz mit ihm und ruckzuck war ich von Nigerianern umringt, die alle mit mir sprechen wollten und die dann alle ein Foto haben wollten. An solche Situationen werde ich mich hier wohl gewöhnen müssen.

Mittwoch, 9. September 2009

Èdè Yorùbá

Èdè Yorùbá ist die Sprache der Yoruba, dem Volk, dass den Südwesten Nigerias, sowie Teile von Benin und Togo besiedelt. Es wird hier von den Kindern parallel zum Englischen gelernt, was als offizielle Landessprache und Verständigungsmittel zwischen den vielen Völkern Nigerias dient. In Lagos selbst hört man neben Yoruba und Englisch aber auch viele der übrigen Sprachen Nigerias, da die Menschen aus allen Teilen Nigerias nach Lagos kommen und gekommen sind. Die größte Bevölkerungsgruppe Nigerias machen die muslimischen Hausa aus, die den Norden des Landes besiedeln. Nach den Yoruba machen dann die Ibo aus dem Südosten des Landes die drittgrößte Bevölkerungsgruppe aus.
Die Sprache der Yoruba gefällt mir persönlich sehr, im Camp haben wir die wichtigsten Sätze, Fragen und Grußformen gelernt, sowie Namen in der Sprache bekommen. Ich heiße jetzt auf Yoruba „Bayo“, was mit „met with happiness“ übersetzt wird.
Außer Englisch wird hier auch eine Mischform aus Englisch und regionalen Sprachen gesprochen, das sogenannte Pidgin oder Broken English, was von den Einheimischen selbst auch „Bad English“ genannt wird. So sagt man „Haufa“ für „How are you“ und „Aidé“ als Antwort darauf.

Oyinbos und Dudus

„Oyinbo“ ist das Wort, das man als Weißer in Nigeria sofort zu hören bekommt. So nennen die Menschen hier Weiße. Als wir, der Bus voller Oyinbos, in Badagry einfuhren, schauten einige recht grimmig drein, aber der Großteil lachte und rief „Oyinbo!“. Vor allem Kinder liefen dem Bus hinterher und sangen „Oyinbo, Oyinbo!“, wobei das Wort ist nicht böse gemeint ist. Genauso nennen sich die Schwarzen selber „Dudu“, wie wir im Camp lernten.
Bei einem ersten Gang durch die Umgebung wurden wir überall angestarrt und vor allem von den Kindern Oyinbo gerufen. Als Antwort riefen wir sie „omo dudu“, womit wir großes Gelächter ernteten, da viele hier ziemlich glücklich und überrascht auf Weiße reagieren, die ein wenig Yoruba sprechen. Weiße gibt es hier schon einige, aber sie leben fast nur auf Victoria Island, dem Reichenviertel in Lagos, und arbeiten vorwiegend in den Botschaften. Somit lassen sie sich in anderen Teilen von Lagos, in Bussen oder auch hier in Badagry nicht blicken. Viele Kinder hier waren froh, das erste Mal einen Weißen gesehen zu haben. Ein Kind, dass von Erwachsenen am Straßenrand festgehalten wurde, die lautstark lachten, war so überwältigt von uns, dass es furchtbar anfing zu schreien und mit leibeskräften versuchte, in die Hütte zu fliehen. Wahrscheinlich hatten die Eltern ihm aber erzählt, wir wären Geister oder so.

Badagry

Die Stadt ist etwa eine Stunde von Lagos’ Innenstadt entfernt und liegt westlich von Lagos nahe der Grenze zu Benin am Meer. Sie ist Teil von Lagos State, also dem Bundesstaat Lagos, gehört aber nicht mehr zur Stadt Lagos. Die Bevölkerung hier ist anscheinend wenig an Weiße gewöhnt, weswegen wir – der Bus voller Oyinbos – eine große Attraktion war. Die Straßen hier sind größtenteils nicht geteert, bestehen also nur aus Sand und, da es üblich ist, seinen Müll auf die Straßen zu kippen, aus viel Müll. An den Seiten der Straßen sind Abflussgräben angebracht. Fast überall kann man an den Straßenrändern irgendetwas kaufen, denn kleine Verkaufsstände findet man hier überall.
Bekannt ist die Stadt für den bis 1886 blühenden Sklavenhandel und für das erste zweistöckige Haus Nigerias. Dieses besichtigten wir genau wie das Museum für Sklavenrelikte, was man sich nicht wie ein europäisches Museum vorstellen darf, denn es besteht nur aus einem kleinem Raum und ein paar Ausstellungsstücken. Dafür konnte uns ein Führer viel über den Sklavenhandel erzählen.

On-Arrival-Camp I

Die Fahrt durch Lagos ermöglichte uns einen ersten Einblick in das tägliche Leben in dieser Metropole. Beschreiben kann ich die Eindrücke nicht gut, denn man muss diese Stadt wirklich selber erleben, um meine Eindrücke nachvollziehen zu können. Viele Menschen sind hier auf der Straße, es wird viel gehandelt, viel und laut geredet und viel von der Polizei kontrolliert. Ich persönlich war überrascht, dass die Stadt viel grüner ist, als ich sie mir vorgestellt habe, aber wir kamen auf dem Weg nicht durch die Innenstadt.
In Badagry angekommen fuhren wir lange über relativ dicht besiedelte Pisten, die uns zu unserem Hotel führten – dem Mercy Gates Hotel. Den ersten Tag bekamen wir weitestgehend frei, erst am Abend bekamen wir einige Informationen über das Programm und die Regeln hier. Wir bleiben hier ein Woche, um uns ein wenig an Nigeria und die fremde Kultur zu gewöhnen, Informationen über Lagos und die Menschen hier zu bekommen und ein wenig Yoruba zu lernen. Das Hotel hat wie die meisten Häuser hier nur ein Erdgeschoss und bietet wohl mehr Komfort als die meisten Häuser hier. Wir teilen uns jeweils zu zweit ein Zimmer, das jeweils auch einen Raum mit Toilette und Dusche enthällt. Anders als in Deutschland gibt es hier aber nur kaltes Wasser, meistens keine Klobrille und ab und zu kein fließendes Wasser. Das Gebäude ist nicht an das Stromnetz angeschlossen, deshalb wird nachts der Generator eingeschaltet, der aber ab und zu ausfällt.
An all das gewöhnt man sich schnell und die letzten Zeilen sollen keine Beschwerde sein, denn ich genieße meine Zeit hier richtig und fühle mich wohl in Nigeria!

Im Flugzeug II

Größer kann der Kontrast wohl kaum sein, zwischen den beiden Stationen, die mein zweiter Flug verbindet. In Dubai angekommen bekamen wir einen ersten Einblick in die verschwenderische Exklusivität dieser Stadt. Riesige Hallen, unzählige Lichter und viel, viel Wasser, das Glaswände herabfließt. Wir entschlossen uns, ein wenig von der Stadt zu sehen, da die Einreise hier mit deutschem Pass möglich ist. Nach einem Hitzeschock während des Verlassens der eiskalt klimatisierten Flugzeughalle suchten wir uns einen Taxifahrer, der uns ein wenig durch die Stadt führt und fanden ein „Ladies Taxi“ (Die Taxen sind nach Geschlecht des Fahrers markiert – somit fahren die Fahrerinnen Taxen mit rosa Dächern.) Wir besichtigten im Eiltempo den Burj al Dubai (das bald höchste Gebäude der Welt) und den Burj al Arab (das höchste Hotel der Welt). Nach langem Warten im riesigen Duty-free-Bereich des Flughafen und nach einem letzten Gang zu Mc D. flogen wir dann weiter nach Lagos.
Der Flughafen von Lagos ist für unsere Verhältnisse und für die Größe der Stadt recht klein. Die Pass- und Visakontrolle verlief rech einfach und nachdem wir unsere Koffer gefunden hatten, wurden wir draußen von unserer nigerianischen Partnerorganisation ICYE NIGERIA empfangen. Die Teamer Bunmi, Wunmi, Biola, Bukula und Seun führten uns zu einem Bus, der uns nach Badagry brachte.

Im Flugzeug I

Ja, es hat geklappt! Ich sitze im Flieger nach Dubai und schreibe meinen ersten Blogeintrag aus dem Ausland. In diesem ziemlich luxeriösen Flugzeug habe ich die Möglichkeit, den italienischen und ziemlich schrottigen Laptop meiner Schwester mit ausreichend Strom zu versorgen, um euch ein wenig von meinem ziemlich aufregenden und aufreibenden Tag heute zu berichten, während ich afrikanischer Musik aus den Kopfhörern lausche.Heute Morgen – nach dem Abschied meiner Freunde gestern – musste ich den mit Abstand schwersten Abschied hinter mich bringen. Für ein Jahr werde ich meine Freundin nun nicht mehr sehen...
Um 15.25 ging dann der Flieger von Frankfurt nach Dubai, wo ich nach sechs Stunden Flug ca. 7 Stunden Aufenthalt haben werde. Gerade habe ich erfahren, dass wir mit deutschem Reisepass doch in Dubai den Flughafen verlassen dürfen. Für eine weitreichende Erkundungstour wird die Zeit aber wohl nicht reichen. Hier im Flugzeug habe ich fünf der neun anderen deutschen Freiwilligen kennengelernt. Alle sehr sympathisch!
Nach weiteren acht Stunden Flug werden wir dann in Lagos ankommen und zum Einführungsseminar nach Badagry, einem Vorort von Lagos, fahren. Dort werden wir mit allen internationalen Freiwilligen für Nigeria eine Einführung in das Land, die Kultur und die Sprache bekommen und hoffentlich viel Spaß haben.
Sobald ich angekommen bin und Internet habe, werde ich weiter berichten.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Das Projekt

Im letzten Vorbereitungsseminar habe ich nun endlich das Projekt erfahren, in dem ich arbeiten werde.
Das Verfahren verlief so, dass ich ursprünglich mehrere Projektvorschläge bekommen habe, von denen nur drei als Ziviersatz (also als ADiA) zugelassen waren. Daraus konnte ich mir dann drei Favoriten aussuchen ( was ich dann doch etwas überflüssig fand^^ ). Das Projekt, das ich dann zugeteilt bekommen habe, war aber keines der drei zur Auswahl Stehenden. Es wurde erst nachträglich als ADiA-Platz genehmigt.
Ich las den Namen: "Hearts of Gold Hospice" und bekam erst einmal einen Schrecken, da ich mir die Arbeit in einem Hospiz, was - wie ich später erfuhr - ein Kinderhospiz ist, sehr aufreibend vorstelle. Nichtsdestotrotz freue ich mich auf die Arbeit mit Kindern, die ich mir ursprünglich gewünscht hatte, auf die Arbeit als Lehrerassistent und auf kreatives Arbeiten und Musizieren.
Diejenigen, die mehr über das Projekt erfahren wollen, können sich hier die original Projektbeschreibung auf Englisch durchlesen.
(Wundert euch nicht, dass eigentlich nur Frauen für das Projekt gesucht wurden - das hat sich inzwischen geändert.)

Mein Weg zum Freiwilligendienst

Für alle, die es interessiert, wie man an einen weltwärts-Platz kommt und wie die Vorbereitungen für ein entsprechendes Auslandsjahr aussieht, beschreibe ich hier
meinen Weg zum Freiwilligendienst.

Alles fing damit an, dass ich die Information erhielt, dass es möglich ist, den Zivildienst im Ausland abzuleisten. Davon begeistert informierte ich mich weiter - damals noch geleitet von der Idee, das Schlechte mit dem Guten zu verbinden. Ein Auslandsaufenthalt stellte für mich die Möglichkeit dar, einen neuen Teil der Welt zu entdecken, eine andere Sprache zu lernen und viele neue Menschen kennenzulernen.
Daher begann ich im Herbst letzten Jahres, mich über die Organisationen, über die ich den Ziviersatz (FSJ oder ADiA) leisten konnte, zu informieren. Während dieser Zeit wurde mir dann der soziale Aspekt dieses "Abenteuers" bewusst. Ich bemerkte, dass mir neben der eigenen Weiterbildung vor allem auch die Vorstellung, etwas Gutes zu tun und die unterschiedlichen Lebensbedingungen selber zu erfahren, gefiel.
Dementsprechend fiel meine grobe Standortwahl auf Afrika. Ich bewarb mich somit beim ICJA (Internatinaler Christlicher JugendAustausch) für die Länder Ghana, Togo und Nigeria. Spezielle Informationen über die Länder hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Nach einem recht aufwendigen Bewerbungsverfahren wurde ich für Nigeria angenommen. Ursprünglich hatte ich mich für ein FSJ beworben, doch ich konnte es zum ADiA ( Anderer Dienst im Ausland ) umändern, da dieser Ziviersatz durch das Weltwärts-Programm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert wird.
Praktisch heißt das: Der Spenderkreis muss nur halb soviel Geld spenden und der Flug, sowie die Seminarkosten werden übernommen.
Nach der Spendersuche und viel Informieren über das Gastland stand Anfang April ein erstes Seminar in Berlin an, in dem wir mit der Organisation und einem Teil der anderen Freiwilligen bekannt gemacht worden sind. Das zweite Seminar Mitte Juli in Großlohra (Thüringen) war dagegen länger ( eine Woche ) und persönlicher. Organisiert werden muss zwischendurch noch das Visum, die Impfungen und viele kleine Sachen, die für ein Auslandsjahr vorrauszusetzen sind.
Nach und nach schwand bei mir dann die naive Hoffnung, die Welt zu verbessern, und wurde von der Gewissheit abgelöst, einen Teil zur Völkerverständigung und zur eigenen Persönlichkeitsbildung beizutragen. Nun stehe ich kurz vor dem lange geplanten Jahr und ich kann allen nur raten, die Möglichkeit zu nutzen, über Weltwärts ins Ausland zu kommen, will aber niemandem vorenthalten, dass dieses Vorhaben viel Engagement, Organisationskraft, Zeit und Mut verlangt.

Anfang

Hallo an alle! An meinen Spenderkreis, meine Freunde, meine Mit-Weltwärtsfahrer vom ICJA und wer sich sonst noch so auf meine Seite verirrt hat.
Ich werde, wie ihr wisst, ein Jahr nach Nigeria reisen, um dort in Lagos Freiwilligendienst zu leisten. Mein Aufenthalt wird zu einem großen Teil durch die weltwärts-Initiative des BMZ, zum anderen Teil von meinem Spenderkreis, dem ich hiermit noch einmal ganz herzlich danke, ermöglicht.
Meine Motivation ist nicht, die Welt zu verbessern, weshalb ich auch nicht als ein Helfer nach Nigeria gehe, sondern als ein Gast, der versucht, eine andere Kultur zu verstehen, Vorurteile abzubauen und diese Kultur in Deutschland verständlich zu machen. Somit sollte mein Freiwilligendienst nicht als direkte Entwicklungshilfe, sondern als Beitrag zur Völkerverständigung angesehen werden.

Allen Lesern wünsche ich viel Spaß und Interesse beim indirekten Miterleben eines anderen Landes und seiner Kultur.
Ich bin mir meiner Verantwortung als Überbringer bewusst und will deshalb darauf hinweisen, dass das hier Beschriebene aus meiner eigenen subjektiven Sichtweise stammt. Die Bescheibungen von Menschen und Verhaltensweisen sollte somit nicht auf eine größere, allgemeinere Gruppe wie "die" Nigerianer oder "die" Afrikaner übertragen werden, da ich nicht darauf aus bin, Vorurteile entstehen zu lassen.